East Ahuriri Track

Nach zwei Tagen Radfahrt war es jetzt wieder Zeit zu Fuß weiterzugehen. Am Morgen nahmen wir unser Zelt auseinander und packten ein letztes Mal alles auf die Radanhänger. Dann machten wir uns auf den Weg zur Ohau Lodge, etwa 6km entfernt. Dort schlossen wir die Fahrräder wie vereinbart ab und schulterten unsere Rucksäcke. Sie fühlten sich ziemlich schwer an.

Kaum gingen wir los, fing es an zu nieseln. Beste Voraussetzungen also. Wir gingen zurück zur Straße, denn wir waren mit dem Rad am Beginn des nächsten Track bereits vorbeigefahren und mussten jetzt ein Stück des Wegs zurückgehen.

Unterwegs sahen wir ein DOC Infoschild, dass den Anfang eines anderes Wegs markierte. Der war zwar nicht als unsere Route eingezeichnet, aber schien später auf den East Ahuriri Track zu führen, der ja unser eigentliches Ziel war. Das kam uns gelegen, denn viel lieber wollten wir einen normalen Wanderweg gehen, als an der Straße entlangzulaufen. Bevor wir dann tatsächlich die Kreuzung zum TA erreichten, begegneten uns eine ganze Reihe Menschen - zum Teil zu Fuß, zum Teil auf dem Rad. So vielen waren wir bisher selten auf unseren Wegabschnitten begegnet. Kaum aber bogen wir ab auf unseren eigentlich Weg, war weit und breit kein Mensch mehr zu sehen.

Der Weg führte hinauf zum ersten Sattel. Zunächst durch Wald, dann durch immer niedrigere Vegetation, bis wir wieder die weiten Tussock-Felder erreichten. Hinter uns konnten wir bald immer wieder tolle Blicke zurück auf den Lake Ohau werfen.

Wie jedes Mal, wenn wir eine neue Sektion begannen und ein paar Tage nicht gewandert waren, fühlten wir uns heute ungewöhnlich schlapp. Unser Engergie versiegte sehr schnell und wir mussten uns richtig Mühe geben, die Wanderung zu genießen. Das lag mitunter auch am wechselhaften Wetter und auch daran, dass wir heute kein klares Ziel vor Augen hatten - heute Abend wartete keine warme Hütte auf uns, sondern wir planten irgendwann irgendwo unser Zelt aufzuschlagen, bevor wir auf den Ahuriri River treffen würden.

Wir wanderten den Sattel hinauf und diskutierten schon, ob man einfach direkt danach campen könnte. Das Wetter ware mäßig, die Motivation im Keller und das Tussock-Gras ging uns auf die Nerven. Oft traten wir auf die langen Halme und blieben dann mit dem anderen Fuß in der Schlaufe hängen, die sich dadurch auf dem Boden gebildet hatte. Da kann einem schon mal die Laune vergehen. Zwischen den dichten Grasbüscheln ist außerdem der Weg oft schwer auszumachen, und das trug auch nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation bei.

Zum Glück wurde der Weg aber ein bisschen einfacher, als wir den Aufstieg beendet und dann den Sattel endlich hinter uns gelassen hatten.

Der Weg führte nun hoch über dem Fluss an der Bergflanke entlang. Da nun auch noch der Regen aufgehört hatte und man jetzt eher die Aussicht als die Tussockbüschel im Blickfeld hatte, half das auch der Motivation. So wurde der Wandertag am Ende doch noch ganz schön. Wir machten eine kleine Mittagspause und gingen dann weiter. Bald sahen wir auf der anderen Seite des Tals eine kleine Hütte. Die war auch auf der Karte zu sehen gewesen und wir hatten sie uns als Notfall-Unterkunft für die Nacht markiert. Jetzt allerdings wollten wir doch lieber noch ein Stück weiter kommen, und möglichst nahe am Ahuriri campen, so dass wir am nächsten Tag direkt mit dem nächsten Trail, dem Breast Hill Track starten konnten.

Nach einem langen Wegstück entlang der Bergflanke führte der Weg schließlich wieder hinab ins Tal. Dort erwarteten unsere sehr viele stachelige Büsche, die im Endeffekt sogar kleine Löcher an den Netztaschen meines Rucksacks hinterließen. Dann kamen wir in eine Art Sumpfgebiet und standen knieftief im brackigen Wasser. Das war dann wieder eher unmotivierend. 

Da auch die Trailmarkierungen hier unten nur schwer zu finden waren liefen wir ein paar Mal völlig unnötig durch dichtes stacheliges Gebüsch oder durch sumpfige Pfützen, nur um dann festzustellen, dass hier kein Durchkommen war. Also zurück und einen anderen Weg suchen.

Aus der Ferne konnten wir am Ende des Tals große Laubbäume und frisches grünes Gras sehen. Wir hofften, dort trockeneren Boden zu finden und in der Nähe des Wassers campen zu können. Außerdem kam uns der Gedanke, dass im Schatten der Bäume auch der mittlerweile recht starke Wind etwas schwächer sein würde. Als wir näher kamen mussten wir aber leider feststellen, dass dieses Gebiet komplett eingezäunt war, und wir dort offensichtlich nicht campen konnten. Unser Weg führte stattdessen seitlich daran vorbei. 

Trotzdem staunten wir nich schlecht, als wir vorbei wanderten. Das unfassbar frische Grün, der kleine Bach, der sich durchs wogende Gras schlängelte. Es war wirklich eine Bilderbuch-Waldlichtung, und Das mitten zwischen all dem beigen, doch eher unansehnlichen Tussock. Vor lauter lauter vergaßen wir dann wohl auch, ein Bild zu machen. Jedenfalls war beim schreiben dieses Posts keins mehr zu finden. Sehr schade eigentlich. 

Wir wanderten also an der Oase vorbei und bauten kurz dahinter unser Zelt auf. Der Wind war mittlerweile zu Sturmböen geworden. Wir versuchten, so gut es ging unser Zelt im Windschatten eines kleinen Hügels aufzustellen, aber das half auch nur bedingt. Die Boen waren so stark, dass sie unser Zelt teilweise fast flach zusammendrückte. Entsprechend schliefen wir auch nicht besonders gut, und waren eigentlich der Erwartung, irgendwann eine der Zeltstangen brechen zu hören. Das geschah dann aber zum Glück nicht - und wir wussten jetzt, dass unser kleines Hubba Hubba so einiges aushalten kann.

Crossing the Ahuriri River

Unsere erste Mission am nächsten Tag war dann das Überqueren des Ahuriri. Wir standen extra früh auf, weil wir schon davon ausgingen dafür ein bisschen mehr Zeit zu benötigen. Der Ahuriri ist der größte Fluss, der standardmäßig auf dem Te Araroa zu Fuß überquert wird (und der nicht gleichzeitig als River Hazard gewertet wird und deshalb laut Trailnotes immer umfahren werden sollte). 

Bevor wir den Fluss erreichten, querten wir aber zuerst noch ein großes offenes Feld mit wenig Gras, dafür aber umso mehr Löchern. Die sich als Hasenbauten herausstellten. Immer wieder flitzten vor uns auf einmal Hasen übers Feld und jagten uns mit ihren plötzlichen Bewegungen zum Teil ganz schöne Schrecken ein.

Dann auf einmal kamen wir zum Ende des Feldes. Fast senkrecht brach hier das Feld zum Fluss hin ab, und vor uns lag der Ahuriri. Ein steiler Pfad führte durch das recht lose Erdreich hinunter und damit zur Querung. Auf der anderen Seite konnten wir ein großes orangenes Dreieck sehen, dass den Beginn des Pfads auf der anderen Flussseite markierte. 

 

Von oben sah der Fluss auf den ersten Blick gar nicht so bedrohlich aus. Direkt am Ufer sah die Sache aber schon anders aus. An den meisten Stellen war der Boden kaum oder gar nicht sichtbar, und das Wasser rauschte zum Teil weiß schäumend über kleinere Felsen. Also liefen wir zuerst einmal den Fluss ein wenig auf und ab, in der Hoffnung vielleicht doch eine gute Stelle zum queren zu finden.

Die Beste die wir finden konnte, war an eine Stelle an der der Fluss sich in zwei Arme spaltete. Hier war das Wasser zumindest im uns näheren Flussarm deutlich flacher, also entschieden wir, es hier zu versuchen. Das war dann auch tatsächlich kein Problem und das Wasser war kaum mehr als Knietief.

Umgekehrt sah es auf der anderen Seite aus. Wir liefen auf der inneren Sandbank auf und ab, aber keine dieser Flussarm war wesentlich tiefer und die Strömung stärker. Keine Stelle sah wirklich gut aus, aber eben auch nicht ganz schlecht. Wir entschieden uns also für ein Stück des Armes, an dem eine Querung einigermaßen möglich war, entschieden aber auch, im Ernstfall nicht weiter hinein, sondern zurück auf die andere Seite des Flusses zu gehen. Etwa 10 Kilometer weiter wäre für diesen Fall auch eine Brücke. Bevor es allzu brenzlig würde, wollten wir dann lieber den einen Wandertag extra machen.

Wir machten uns also wieder bereit für die Kettenmethode zum Flussdurchqueren. Öffneten die Gurte der Rucksäcke und fassten einander fest durch die Lücke zwischen Rucksack und Rücken durch an den jeweiligen Schultergurten. Dann begannen wir, in den Fluss zu waten. Immer abwechselnd ein Fuß, dann eine der freien Hände mit den Wanderstöcken. Tim stand stromaufwärts und bekam die ganze Wucht des rauschenden Wassers ab. Trotzdem hatte ich das Gefühl beinahe Weggespült zu werden. Langsam bewegten wir uns vorwärts. Erst Tims Fuß, dann meiner, dann sein Wanderstock um den nächsten Schritt zu stabilisieren.

An der tiefsten Stelle des Wassers reichte das Wasser bis an die Unterseite meines Rucksacks. Hier bekam ich dann doch ein wenig Angst und wir hielten einen Moment an, um uns gegen den Strom zu stemmen und uns wieder zu sammeln. Einen Augenblick überlegten wir, ob wir zurück gehen sollten. Tim aber fühlte sich immernoch sicher, als gingen wir weiter. Nach einem Schritt war dann auch das schlimmste überstanden, und kurz darauf stiegen wir am Ufer aus dem Fluss.

Von dort aus lag nur noch ein fast senkrechter Aufstieg aus dem Flusstal heraus vor uns. Neuseeländer scheinen wirklich nicht besonders viel von Serpentinen zu halten.

Nur ein paar hundert Meter zur Seite gab es ein flacheres Stück Talwand, aber natürlich führte der Pfad an der steilsten Stelle hinauf. Mithilfe unserer Wanderstöcke schoben wir uns hinauf und schauten dann zurück ins Flusstal. Jetzt konnten wir auch sehen, dass nur ein paar hundert Meter hinter unserer Querungsstelle der Fluss sich nocheinmal geteilt hätte - hier wäre eine Querung wahrscheinlich noch deutlich einfacher gewesen. Dies machte uns wieder klar, wie wenig Erfahrung wir hier im Endeffekt hatten. Aber daraus lernten wir auch etwas: Auf der anderen Seite hätte wir auch schon von oben am Fluss markante Stellen, die sich für eine Querung eignen, beachten können. Unten am Fluss sind sie nämlich deutlich schwerer auszumachen, und wir hatten ja gerade erst auf der anderen Seite hinunter geschaut. Das nächste Mal würden wir auf jeden Fall genauer schauen, bevor wir zum Ufer hinterunterklettern.

Nach einigen Metern auf einem Trampelpfad über ein offenes Feld erreichten wir den Parkplatz, der das Ende dieses Abschnitts und den Beginn des Nächsten markierte: den Breast Hill Track.

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